Coburger Korbwarenindustrie: Geflochtene Tradition

Neben der keramischen Industrie und der Puppenherstellung prägte die Korbwarenindustrie die Wirtschaftsstruktur des Coburger Landes. Sie hat ihren Ursprung in einer jahrhundertealten handwerklichen Tradition. Korbmacher nutzten Rohstoffe wie Rattan oder Weiden, um Körbe und andere Alltagsgegenstände herzustellen. Diese Rohstoffe fanden die Korbmacher vor allem in Wäldern und feuchten Gebieten entlang von Flüssen oder Seen, besonders im Oberen Maintal um Lichtenfels.

Im 19. Jahrhundert fand die Korbwarenherstellung auch im Herzogtum Coburg ihren Platz. In Weidhausen wurden bereits während der napoleonischen Kriege kleine Tragekörbchen hergestellt. Die Industrialisierung brachte der Branche einen Aufschwung: 1857 und 1865 verlegten die Korbwarenhändler Andreas Birnstiel und Conrad Gagel ihre Geschäfte nach Ebersdorf bzw. Coburg. Zahlreiche Zulieferer aus der Umgebung, vor allem zwischen Grub am Forst, Sonnefeld und Weidhausen, schlossen sich an, und bald arbeiteten hier bis zu 7.500 Korbflechter in Heimarbeit.

Neben diesen Heimarbeitern entstanden auch größere Unternehmen wie die Korbmöbelfabrik Reinhold Rädlein, die 1865 in Ebersdorf bei Coburg gegründet wurde. 1914 führte das Korbmacherhandwerk mit über 950 Betrieben die handwerkliche Produktion an. Der wirtschaftliche Erfolg basierte auch auf der starken Exportorientierung. Schon 1913 exportierte die lokale Korbwarenindustrie Waren im Wert von 365.000 US-Dollar in Gold in die Vereinigten Staaten.

Die Folgen der Industrialisierung und der Weltkriege für die Korbwarenindustrie

Der Erste Weltkrieg verhalf der Korbwarenherstellung zu großer Bedeutung. Die Branche wurde Teil der Rüstungsindustrie und produzierte Millionen Geschoßkörbe, die als Einwegwaren für den sicheren Transport von Granaten genutzt wurden. Diese Umstellung war notwendig, da die Firmen vom Ausland abgeschnitten und Rohstoffimporte aus Übersee fehlten.

In den 1920er Jahren erlebte die Korbwarenindustrie im Gegensatz zu anderen Branchen einen wirtschaftlichen Aufschwung. Neue Betriebe entstanden, und viele handwerkliche Korbmachermeister wagten den Sprung in die Massenproduktion. Einige dieser Betriebe existieren heute noch, wie die Korbmöbelfabrik August Rädlein & Co (heute ARCO-Polstermöbel) und die Korbwarenfabrik Albert Ponsel, beide in Weidhausen gegründet.

In diesen Jahren kam es zu einer Spezialisierung innerhalb der Branche. Viele Betriebe konzentrierten sich auf Teilbereiche wie Korbwaren, Möbel und Kinderwagen. Die Kinderwagenfabriken, wie die heute noch bestehende J. G. Hartan in Gestungshausen, begannen ab Mitte der 1930er Jahre, komplette Kinderwagen herzustellen. Diese Spezialisierung zahlte sich wirtschaftlich aus: Von 1924 bis 1928 wurden jährlich rund 9 Millionen Reichsmark an Korbwaren und Möbeln aus den Kreisen Coburg und Lichtenfels ausgeführt, und das Auslandsgeschäft erholte sich ebenfalls.

Der Zweite Weltkrieg brachte einen erneuten Rückschlag für die Korbwarenindustrie. Nach 1945 verschärften die neue Grenzlage zur DDR und der zunehmende Konkurrenzdruck aus dem Ostblock und Niedrigpreisländern die Lage weiter. Zudem wurden Korbmöbel zunehmend durch Polstermöbel ersetzt. Diese Faktoren zwangen die Industrie, sich auf hochwertige Erzeugnisse und verbessertes Produktdesign zu konzentrieren. Mit dieser Strategie konnte sich die Korbindustrie langfristig behaupten. 1982 erreichte die Korbwarenfertigung in Oberfranken mit 5.000 Beschäftigten einen Umsatz von 100 Millionen DM.