Das Coburger Land und der Eiserne Vorhang

Das Coburger Land lag bis zur Wende 1989/90 für fast ein halbes Jahrhundert direkt an der Zonengrenze, dem „Eisernen Vorhang“, der die Bundesrepublik von der DDR trennte.

Eingeschnürt und abgeschnitten

Kaum eine andere Region Deutschlands war so direkt von der Grenzziehung betroffen wie der Raum Coburg. Von drei Seiten wurde der Landkreis quasi eingeschnürt. Alte Verkehrswege waren unterbrochen. Um nach Nord- oder Westdeutschland zu gelangen, mussten weite und teure Umwege in Kauf genommen werden.

Die Werrabahn, die durch das Lautertal über Hildburghausen nach Eisenach führte, war für die Coburger Wirtschaft eine wichtige Verbindung in den norddeutschen Raum. Seit 1945 endete diese Trasse am Schlagbaum. In den 70er Jahren wurde der Streckenabschnitt von Coburg bis zur Grenze abgebaut.

Hinzu kam das Fehlen leistungsfähiger Straßenverbindungen. Noch Anfang der 80er Jahre war der nächste Autobahnanschluss fast 80 Kilometer weit entfernt. Erst bei Forchheim begann damals die Autobahn nach Nürnberg. Für die heimischen Unternehmen war die Bundesstraße 303 ebenfalls von sehr großer Bedeutung. Diese Strecke verband das Coburger Land mit den wichtigen Wirtschaftsregionen in Südwest- und Westdeutschland. Auch der Verkehr in Richtung Norden musste diese Fernstraße nutzen, um das DDR-Gebiet zu umfahren. Der Ausbau dieses Verkehrsweges einschließlich Ortsumgehungen begann erst in den 80er Jahren und war auch am Ende dieses Jahrzehnts noch nicht abgeschlossen.

Zonenrandförderung und Förderung bestehender Betriebe

Dass unsere Region dennoch nicht im wirtschaftlichen Abseits versank, lag nicht zuletzt auch an finanziellen Anreizen und Steuervergünstigungen für Unternehmen durch die Zonenrandförderung. Das Zonenrandförderungsgesetz formulierte die Zielrichtung dieser Maßnahmen:

„Die Leistungskraft des Zonenrandgebietes ist bevorzugt mit dem Ziel zu stärken, daß in allen seinen Teilen Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie eine Wirtschafts- und Sozialstruktur geschaffen werden, die denen im gesamten Bundesgebiet mindestens gleichwertig sind.“

Zu den Instrumenten der Zonenrandförderung gehörten beispielsweise Frachthilfen für Unternehmen, die aufgrund der Grenzziehung Umwege und damit längere Fahrtstrecken zurücklegen mussten, um ihre Kunden zu erreichen. Investitionen, die im Grenzland getätigt wurden, konnten durch sog. Investitionszulagen gefördert werden. Es wurden auch Sonderabschreibungen für Investitionen gewährt.

Im Zusammenspiel von Bund und Ländern wurde zudem ein gemeinsames Unterstützungsprogramm aufgelegt, das allgemein der Wirtschaft in strukturschwachen Regionen zugutekommen sollte. Von diesem Programm der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur profitierte auch das Grenzland in erheblichem Umfang.

Im Jahr 1986 wurde in Neustadt die erste deutsche Glasfaserfabrik als Joint Venture zwischen Siemens und dem US-Konzern Corning errichtet (Siecor). Der Betrieb war seinerzeit die modernste Fabrik für Glasfasern in Europa. Eine Investition, die ohne staatliche Unterstützung in dieser infrastrukturell abgelegenen Region nicht erfolgt wäre.

Nicht nur Neuansiedlungen, auch bestehende Betriebe konnten von den unterschiedlichen Fördermöglichkeiten profitieren. So wurden Nachteile, die durch die Grenzziehung nach 1945 entstanden waren, teilweise ausgeglichen. Hierdurch konnte der Abwanderung von Betrieben aus der Region in verkehrsgünstigere Gebiete der Bundesrepublik zumindest teilweise entgegengewirkt werden.